Am 27. November 2019 hat der Schweizer Bundesrat die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Abschaffung der Industriezölle zur Kenntnis genommen und die entsprechende Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet. Damit will der Bundesrat die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern und die Konsumentinnen und Konsumenten entlasten. Sollte diese angenommen werden, entfallen ab frühestens 1.1.2022 alle Industriezölle (ausser Agrarzölle). Wir haben uns einmal genauer mit diesem Thema auseinander gesetzt.
Summary
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
Abbau Handelshemmnisse
Einsparung für Unternehmen
Entlastung für Konsumenten
Internationale Harmonisierung der Zolltarifstruktur
Zollprozesse wie Zollanmeldung oder Einführverfahren bleiben bestehen
Einführung frühestens per 1. Januar 2022
Ausgangslage
Die Schweiz erhebt auf den meisten Industriegütern Einfuhrzölle, allerdings sind diese meist sehr tief, im Schnitt betragen sie 1.8%. Bei gewissen Produktgruppen wie Textilien oder Bekleidung liegen sie jedoch bedeutend höher, mit 5.6% respektive 4.0%. Die Höhe der Zolleinnahmen belief sich 2017 gesamthaft auf 506 Mio. CHF.
Um was geht’s?
Der Bund hat Ende 2017 vorentschieden, die Importzölle auf sämtliche Industriegüter (umfasst alle Güter ausser Agrarprodukte) abzuschaffen. Das heisst konkret, dass auf alle Einfuhren in die Schweiz keine Zölle mehr erhoben werden. Darüber hinaus soll die Zolltarifstruktur vereinfacht werden, indem auf ein international harmonisiertes 6-stelliges System umgestellt wird. Das soll die Tarifeinreihung vereinfachen und die Komplexität der Verzollung reduzieren. Der Entscheid über diese Vorlage liegt jetzt beim Parlament. Dieses wird mit der Entscheidungsfindung allerdings frühestens Anfang / Mitte 2020 beginnen, wobei das frühestmögliche Inkrafttreten der Vorlage auf den 01.01.2022 angesetzt ist.
Befürworter und Gegner der Aufhebung
Generell befürworten alle Kantone die Vorlage, ebenso die FDP, CVP, glp und bedeutende Verbände wie Economiesuisse, dem Schweizer Gewerbeverband, Spedlogswiss und Swissmem. Darüber hinaus ist mit der Stiftung für Konsumentenschutz auch ein Vertreter der Konsumenten im Pro-Lager angesiedelt. Des Weiteren unterstützen grosse Unternehmen wie Coop, BKW oder Nestlé das Vorhaben. Die Unterstützer der Vorlagen sehen als Konsequenz der Aufhebung tiefere Einkaufspreise für Konsumenten und Unternehmen und damit verbunden eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Wirtschaftsstandorts, eine gesteigerte Innovationsfähigkeit und einen besseren Marktzugang (Import) zur EU. In Bezug auf unsere Branche wurde konkret argumentiert, dass:
«durch den Wegfall der Industriezölle Zolldienstleister ihr Verzollungsangebot durch die vorgesehenen Erleichterungen weiter verbessern können in Bezug auf Qualität und Digitalisierungstiefe»
Spedlogswiss
Das Lager der Gegner setzt sich einerseits aus der politischen Rechten (SVP) und landwirtschaftlichen Verbänden zusammen. Diese befürchten durch den Wegfall der Industriezölle stärkeren Druck auf die Agrarzölle. Andererseits gehören dem Contra-Lager auch Vertreter der Linken (SP) und dem Schweizer Gewerkschaftsbund (SGB) sowie Travail Suisse an. Diese sehen hauptsächlich im Defizit der Bundeskasse ein Problem, das durch den Wegfall der Zolleinnahmen entstehen würde. Zudem wird angeführt, dass Zollsenkungen lediglich die Margen des Handels erhöhen und nicht an die Konsumenten weitergegeben würden.
Gesamthaft ist nach Ende des Vernehmlassungsverfahrens schwierig abzuschätzen, ob die Vorlage angenommen oder abgelehnt wird. Das breite und stark diversifizierte Pro-Lager sowie die dezidierte Haltung des Bundesrats lassen jedoch eine Tendenz zur Aufhebung der Industriezölle erahnen.
Auswirkungen für Sie als Kunde der MS Direct
Durch einen möglichen Wegfall der Industriezölle profitieren Sie als Unternehmen von der gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit. Am meisten spürbar wäre dies im Bereich Textilien & Bekleidung, wo heute mit bis zu 5.6%, die höchsten Abgaben anfallen. Alle verfahrenstechnischen Schritte wie die Zollanmeldung, das Einfuhrverfahren, die MWST-Erhebung und -Begleichung sowie die notwendige Archivierung der Dokumente, werden weiterhin vonnöten sein. Lediglich die mit den Zollabgaben verbundenen Rückerstattungsprozesse werden damit obsolet. Hier ist es jedoch zentral, dass die Nämlichkeit der Artikel (Nachverfolgbarkeit) gegeben ist, damit diese auch wirklich zollfrei in die EU (bspw. Deutschland) zurückgeführt werden können. Ebenso entfallen gewisse Spezialverfahren wie die Einfuhr mit Präferenzabfertigung oder aktiver Veredelungsverkehr. Diese sind jedoch nur Einzelfälle und sind nicht Bestandteil unserer regulären Dienstleistung.
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